Herbstklausur des Bundesverbandes Farbe

Das Präsidium des Bundesverbandes Farbe Gestaltung Bautenschutz traf sich am 7. und 8. Oktober zu seiner Herbstklausur in Brüssel. Im Mittelpunkt des zweitägigen Arbeitstreffens stand die Entwicklung der europapolitischen Strategie des Verbandes.

„Dieser direkte Austausch mit europapolitischen Akteuren ist für uns von unschätzbarem Nutzen“.
Guido Müller,
Präsident des Bundesverbandes
Farbe Gestaltung Bautenschutz

Dafür führte der Vorstand unter Leitung von Präsident Guido Müller eine Reihe von Gesprächen mit politischen Entscheidungsträgern und Experten – und adressierte darin die drängendsten Fragen und Herausforderungen des deutschen Maler- und Lackiererhandwerks. Den Auftakt bildete ein Treffen mit Tim Krögel, Leiter der Vertretung des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) bei der EU, sowie Katrin Lützenkirchen, Referatsleiterin Umwelt, Klima, Energie und öffentliche Beschaffung. Ein zentrales Thema des Gesprächs war die überbordende Bürokratisierung, der sich Maler- und Lackiererbetriebe ausgesetzt sehen. Intensiv diskutiert wurde die Rolle der deutschen Gesetzgebung als „Bürokratie-Verstärker“ sowie die hohe Schlagzahl an europäischen Verordnungen, die zu Überforderung in den Betrieben führt. Darüber hinaus ordneten die Vertreter des ZDH aktuelle Vorhaben, wie den European Green Deal, im Hinblick auf zukünftige bürokratische Belastungen ein.

Um das Thema Umweltpolitik und Green Deal ging es auch in einem Gespräch mit Karin Kämmerling. Sie ist Mitarbeiterin des Europäischen Parlamentariers Peter Liese, der im Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit sitzt sowie umweltpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion ist. Während des Treffens mit anschließendem Rundgang durch das Europäische Parlament adressierte das Präsidium die wichtigsten Themen aus Sicht des deutschen Maler- und Lackiererhandwerks: praxisfremde Umweltauflagen und Grenzwerte, unverhältnismäßige Nachhaltigkeitsberichterstattungen und bürokratische Belastungen durch die Europäische Umweltpolitik. Den Abschluss des Treffens bildete ein Ausblick von Kämmerling auf die Arbeit des Umweltausschusses im Europäischen Parlament. Kämmerling bot dem Bundesverband an, jederzeit für Hinweise aus der Praxis der Betriebe offen zu sein. Solche Hinweise seien oft wirkungsvoller als lange verbandliche Stellungnahmen.

Ganz im Zeichen der Nachhaltigkeitsberichterstattung stand eine Sitzung mit Sven Gentner. In der einstündigen Besprechung tauschte sich das Präsidium mit dem Leiter des Referats für Vermögensberatung, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion der Europäischen Kommission (DG FISMA) aus. Dabei ging es v.a. um die freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung für kleine und mittlere Unternehmen, den sogenannten VSME-Standard, der zurzeit auf europäischer Ebene erarbeitet wird. Gentner nahm Hinweise von BFL-Präsident Steven Didssun und Hauptgeschäftsführer Mathias Bucksteeg auf, dass nach guten Anfängen aktuell Vieles eher auf eine Verschärfung der Berichtspflichten hindeute.

Mit Stefan Moser, Leiter des Referats für Versorgungssicherheit und Stellvertretender Generaldirektor der Generaldirektion Energie (DG ENER), diskutierte das Präsidium die neue Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie (EPBD). Kritisiert wurden die ambitionierten Ziele der EPBD. Angesichts der anhaltenden Baukrise sowie der deutlichen Investitionszurückhaltung in der Sanierung stellte das Präsidium des Bundesverbandes die vorgesehenen Fristen und Anforderungen infrage. Diese würden in hohen kumulativen Belastungen für das deutsche Maler- und Lackiererhandwerk und steigenden Baukosten resultieren. Stattdessen plädierten sie für praktikablere Regelungen.

„Dieser direkte Austausch mit europapolitischen Akteuren ist für uns von unschätzbarem Nutzen“, erklärt Guido Müller, Präsident des Bundesverbandes Farbe Gestaltung Bautenschutz. „Wir erfahren aus erster Hand, was auf unser Handwerk in den nächsten fünf Jahren zukommen könnte. Zugleich haben wir die Gelegenheit, unsere Perspektive und unsere Bedenken zu teilen. Auf EU-Ebene ist es natürlich schwierig, sich in Entscheidungsprozessen durchzusetzen. Mit unseren Gesprächen haben wir aber einen wichtigen ersten Schritt gemacht und uns in Brüssel Gehör verschafft.“

Auf dem vollen Programm der Herbstklausur stand auch ein Treffen mit Felix Rohn, Policy Officer der Generaldirektion für Beschäftigung, Soziales und Integration (DG EMPL). Im Mittelpunkt des Gesprächs: die Bildungspolitik der EU – von Up- und Re-Skilling bis hin zu Erasmus +. Das Präsidium erhielt dabei wichtige Einblicke in die Strategie der EU zur Qualifikation und Anerkennung von in- und ausländischen Fachkräften.

Im Rahmen der Klausur traf sich das Präsidium des Bundesverbandes Farbe auch mit Helmut Schulz, Präsident der UNIEP, der International Association of Painting Contractors. Der Fachverband vertritt seit 1953 die Interessen des Malerhandwerks auf europäischer und internationaler Ebene. Guido Müller sprach offen an, dass der Bundesverband die Arbeit der UNIEP und den Nutzen zahlreicher Projekte kritisch betrachte. Dies werde auch Bestandteil der Beratungen bei der nächsten Mitgliederversammlung des Verbandes am 18. und 19. November in Münster sein.

Das Präsidium will jetzt die Kooperation mit dem ZDH-Büro in Brüssel intensivieren und dessen Kapazitäten stärker nutzen. Darüber hinaus sollen regelmäßige Fachgespräche mit europapolitischen Experten angesetzt werden. Zugleich plant das Präsidium, die Partner aus den europäischen Schwesterverbänden anlassbezogen einzuladen, um gemeinsame Themen zu besprechen.