Mobilität: Wer will was?
Verbrenner-Aus, Tempolimit, Verkehrswende – beim Thema Mobilität gibt es zahlreiche Trigger-Themen, die auch im Wahlkampf eine Rolle spielen. Was genau planen die Parteien?

Bei der Bundestagswahl Ende Februar geht es neben vielen anderen Fragen auch um die Zukunft der Mobilität in Deutschland. Ein Blick in die offiziellen Wahlprogramme zeigt, was die großen Parteien planen.
SPD:
Für
die Sozialdemokraten ist Deutschland „ein Auto-Land“. Anders als die
Konkurrenten etwa der Union legen sie aber ein klares Bekenntnis zur
Elektromobilität ab. In dieser liege die „Zukunft des Autos“. E-Fuels
sind für die SPD vor allem Lösungen für Spitzenverdienende, jedoch keine
Option für die Breite. Diese soll hingegen von einer Senkung der
Ladestrompreise, einer Verlängerung der Kfz-Steuerbefreiung und einem
Steuerabzug beim E-Autokauf profitieren. Auch eine Art Sozial-Leasing
wird im Wahlprogramm angedeutet. In Sachen Mobilitätspolitik stellen die
Sozialdemokraten stark auf die Bahn und ein funktionierendes
Schienennetz ab. Auch die Finanzierung des ÖPNV soll gestärkt werden.
Zum 17. Geburtstag sollen junge Menschen zudem einen „MobilitätsPass“
mit 500 Euro Guthaben erhalten, mit dem etwa Führerscheinkosten,
Bahntickets oder Fahrräder bezahlt werden können. Auf Autobahnen wollen
sich die Sozialdemokraten für ein Tempolimit von 130 km/h einsetzen.
CDU/CSU:
Für
die Union ist individuelle Mobilität der „Inbegriff von Freiheit“.
Gemeint ist dabei in erster Linie das Auto, das die Partei vor allem auf
dem Land für unverzichtbar hält. In diesem Zusammenhang wendet sie sich
im Wahlprogramm auch gegen ein „Ausspielen unterschiedlicher
Verkehrsmittel“ gegeneinander sowie eine von ihr diagnostizierte
„Anti-Auto-Haltung“. Abgelehnt werden von der Union speziell Fahrverbote
für Innenstädte, das Umwidmen von Parkplätzen und ein generelles
Tempolimit auf deutschen Autobahnen. Aber auch der ÖPNV und Bahn sollen
besser werden, unter anderem soll die Finanzierung transparenter sein.
Der Transport auf der Straße bleibt aber zentral: Die „übermäßige
Belastung“ durch CO2-Preis und -Zuschlag soll reduziert werden. In
Sachen Antrieb plädiert sie für „Technologieoffenheit“ und die
gleichberechtigte Förderung und Nutzung alternativer Antriebe. Dazu
gehörten auch E-Fuels, Wasserstoff und nachhaltige Bio-Kraftstoffe. Bei
der Regulierung will die Union insgesamt einen Schritt zurück gehen. So
sollen die Flottengrenzwerte der EU zügig überprüft und angepasst
werden, um Strafzahlungen der Industrie zu verhindern. Das sogenannte
„Verbrennerverbot“ soll rückgängig gemacht werden. Zur E-Mobilität heißt
es, die Ladeinfrastruktur müsse „angemessen ausgebaut“ werden.
Die Grünen:
Ein
„klares Signal zur E-Mobilität“ wollen die Grünen geben. Viel mehr
steht zum Pkw-Antrieb nicht im Wahlprogramm der Partei; die im
Straßenverkehr umstrittenen E-Fuels kommen lediglich in Form von
E-Kerosin für den Flugverkehr vor. Stattdessen geht es vor allem um
einen klimaneutralen und flächenschonenden Umbau des Verkehrssystems:
Straßen sollen eher saniert als neu gebaut werden, die Bahn Inlandsflüge
weitgehend ersetzen und ÖPNV auch auf dem Land zur Alternative zum Auto
werden. In Städten wünscht sich die Partei mehr Tempo-30-Zonen, auf der
Autobahn soll ein Limit von 130 km/h gelten. Das Deutschlandticket wird
als Erfolg gewertet und soll wieder auf 49 Euro herabgepreist werden.
Anstatt vom „Autoland“ wie die politische Konkurrenz sprechen die Grünen
von Deutschland als „Bahnland“.
FDP:
Mit Wettbewerb, Markt
und „ausgewogenen Regeln“ wollen die Liberalen die Mobilität
„individuell und bezahlbar“ halten. Gegen Staus führen sie
„Baustellen-Turbos“ an, öffentliche Infrastruktur soll zudem stärker
durch privates Kapital finanziert werden. Statt auf Tempolimit und
andere Verbote setzen sie auf ein „faires Miteinander und gegenseitigen
Respekt“ aller Verkehrsteilnehmer. Beim über-individuellen Verkehr kommt
für die Freidemokraten das automatisierte Fahren aller
Entwicklungsstufen vor dem ÖPNV, der vor allem durch mehr Markt und mehr
Innovationen gestärkt werden soll. Hyperloop, Flugtaxis oder Drohnen,
wie sie noch 2021 propagiert wurden, finden allerdings keine Erwähnung
mehr. Bei der Frage nach dem Antrieb der Zukunft hält die FDP an der
„Technologieoffenheit“ fest und nennt explizit E-Fuels als Alternative
zu einem Verbrennerverbot. Und die soll es in Massen geben: Auch der
Flug- und Schiffsverkehr lasse sich ihrer Einschätzung nach mit
alternativen Kraftstoffen umweltfreundlicher gestalten. Die
EU-Flottengrenzwerte sollen vor diesem Hintergrund abgeschafft werden.
AfD:
Der
Link zum Volltext-Wahlprogramm auf der Webseite funktionierte bis
Redaktionsschluss nicht. Immerhin gab es ein 20 Punkte langes Dokument
mit den „Kernforderungen“. Unter Punkt 17 findet sich eine Absage an
eine „einseitige Förderung der Elektromobilität“ sowie ein Aufruf zum
Schutz des Verbrennungsmotors – so soll die deutsche Automobilindustrie
„erhalten“ bleiben. Zu Verkehr und Infrastruktur heißt es zudem vier
Punkte vorher, man wolle durch klare Prioritäten und vereinfachte
Verfahren bei der Sanierung von Straßen, Brücken und Schienennetzen die
Planungsverzögerungen der vergangenen Jahre beheben.
Die Linke:
Eine
„konsequente Mobilitätswende“ haben sich die Linken ins Programm
geschrieben. Dazu zählen ein guter ÖPNV in der Stadt und auf dem Land
(mindestens eine Verbindung pro Stunde) mit mehr Busfahrern und den neu
aufgelegten 9-Euro-Ticket sowie auch Carsharing-Plattformen. E-Fuels,
importierte Biokraftstoffe und den Rücktritt vom Verbrenner-Aus lehnt
die Partei ab. Die E-Mobilität soll nach Bedarf und vor allem für
kleinere Einkommen gefördert werden. Privatjets und Megayachten sollen
im Gegenzug verboten, Flugtaxis nicht subventioniert werden. Geplant
sind außerdem eine „Vielfliegersteuer“ und ein Verbot von Flügen
unterhalb von 500 Kilometern. Im Autoverkehr ist ein Tempolimit auf 120
km/h auf Autobahnen und von 30 km/h in der Stadt vorgesehen – nicht nur
fürs Klima, sondern auch für die Reduzierung der Verkehrstoten.
BSW:
Für
die Wagenknecht-Partei ist das für 2035 avisierte, sogenannte
„Verbrennerverbot“ ein „Exzess“ der zurückgenommen werden muss. Problem
aus Sicht der Partei: E-Autos sind zu teuer, die Ladeinfrastruktur
stimmt nicht und der Strom ist eh nicht klimaneutral. Auch sei nicht
klar, wie lange eine E-Auto-Batterie „überhaupt hält“. Trotzdem plädiert
man für Kaufprämien oder „Volksleasing“ im niedrigen Preissegment, von
dem allerdings auch nicht elektrische „Niedrigenergiefahrzeuge“
profitieren sollen. Und auch für die intensive Erforschung von
Feststoffbatterien will sich das Bündnis einsetzen. Für die Erneuerung
der Infrastruktur sollen Brücken, Straßen und Schienen von der ansonsten
weiter bestehenden Schuldenbremse ausgeklammert werden. Bei der
Verkehrspolitik soll es keine „Bevormundung und Verbote“ geben, auch
„Autofeindlichkeit“ will die Partei bekämpfen. Das gilt bis hinunter zu
den Toilettenpreisen an der Raststätte, mit denen sich „Monopolisten …
auf Kosten der Autofahrer“ die „Taschen füllen“. Aber auch der ÖPNV soll
ausgebaut werden, vor allem auf dem Land, Güterverkehr soll nach
Möglichkeit von der Straße auf die Schiene wandern.