Drei Fragen an Thomas Behl
Thomas Behl vom Allianz Zentrum für Technik ist Experte für Nachhaltigkeit im Lackierbetrieb. FML-aktuell hat Thomas Behl zum Thema Reparatur versus Tausch und damit zur Nachhaltigkeit gefragt.
Herr Behl, was ist denn der Schlüssel zur Nachhaltigkeit in den Betrieben und bei deren Arbeitsabläufen?
Den einen Schlüssel zur Nachhaltigkeit beziehungsweise den einen Weg hin zu einem nachhaltigen Betrieb wird es aus unserer derzeitigen Sicht nicht geben. Vielmehr wird jeder Betrieb für sich selbst beantworten müssen, welche Möglichkeiten ergriffen werden können. Nach unserem Verständnis beschränkt sich Nachhaltigkeit im Betrieb nicht nur alleine auf den reduzierten Ausstoß von CO2-Äquivalent. Vielmehr ist der Begriff der Nachhaltigkeit weiter zu fassen und schließt neben ökologischen auch ökonomische und soziale Aspekte mit ein.
Sind es Ihrer Meinung nach die Lacksysteme alleine?
Mit Sicherheit nicht, denn Nachhaltigkeit nur an den verwendeten Lackierprodukten fest zu machen, greift zu kurz und wird dem Thema „Nachhaltigkeit“ in seiner Breite und Komplexität nicht gerecht. Hierzu möchte ich ein paar ergänzende Punkte nennen: Beziehe ich „Kohlestrom“ oder nutze ich die zur Verfügung stehenden Flächen für eine Photovoltaik-Anlage und decke somit einen Teil des Strombedarfs und ergänze dies mit Ökostrom? Ganz aktuell sind wieder Waldbrände und Dürren in den Medien: Wie gehe ich mit der wertvollen Ressource Wasser um? Wie ist dort der Verbrauch und kann dieser minimiert werden? Und ein letztes Beispiel: Aus unserer Studie zum Reparieren oder Erneuern von Außenhautbauteilen (siehe Repair or Replace – Themen – Allianz Zentrum für Technik (azt-automotive.com)) ergab sich eindeutig, dass der CO2-Äquivalent-Fußabdruck für Produktion und Transport von Ersatzteilen ganz erheblich in die Bilanz eingeht, der Unterschied zwischen Reparatur- und Neuteillackierung aber nur gering ist. Daher die Frage: Zu welchen Anteilen wird die Beschädigung instandgesetzt beziehungsweise auf neue Ersatzteile zurückgegriffen? Und wenn eine Instandsetzung nicht möglich ist: Wird gegebenenfalls der Einsatz von wiederaufbereiteten OEM-Ersatzteilen den Neuteilen vorgezogen?
Auf welche Arbeitsmittel und Veränderungen in den Abläufen müssen sich die Lackier- und Karosseriebetriebe einstellen?
Bezüglich der Arbeitsmittel sehen wir derzeit keinen radikalen Wandel. Werkzeuge und Arbeitsmittel wurden schon immer weiterentwickelt und an neue Anforderungen angepasst und dies wird auch weiterhin der Fall sein. Entscheidend wird sein, ob ein Betrieb die internen Prozesse an die Vorteile neuer Werkzeuge und Arbeitsmittel anpasst, um diese möglichst umfassend ausschöpfen zu können. Und der Faktor Mensch darf nicht vergessen werden: Die Mitarbeitenden sollten informiert und mitgenommen werden sowie selbst Ideen einbringen können, um den kontinuierlichen Änderungen folgen zu können und diese zu verstehen. Andernfalls kann ich als Betrieb investieren ohne dass sich dies am Ende auszahlt. In diesem Bereich ist auch das Thema Qualifizierung und Weiterbildung zu nennen, z.B. im Bereich Hochvolttechnologie, für den Mitarbeiter:innen gezielt ausgebildet werden müssen. Es ist davon auszugehen, dass sich Arbeitsabläufe in einem nachhaltig arbeitenden Betrieb ändern werden. In welcher Form dies passiert, ist wiederum von der individuellen Situation und dem Ansatz des Betriebs abhängig.
Lesen Sie in der Ausgabe 7-8/2023 Ihrer Fachzeitschrift FML Der Fahrzeug- und Metalllackierer wie Sie das Thema Nachhaltigkeit in Ihrem Betrieb etablieren können.
Zur Abo-Bestellseite >>