Drei Fragen an Marco Böge

Marco Böge aus Leipzig hat mit einer spektakulären Aktion und viel Courage zur aktuellen Lage in Deutschland protestiert. Wir konnten Marco Böge zu den Hintergründen seiner Protestaktion befragen.

Herr Böge, Sie hatten am 8. Januar Ihren Leipziger Betrieb aus Gründen der Solidarität mit den Bauern und Handwerksbetrieben geschlossen. Natürlich hatten Sie im Vorfeld Ihre Kunden darüber informiert. Was war Ihr Beweggrund?
Marco Böge: „Unser Beweggrund war, sich solidarisch als Handwerksbetrieb zu zeigen, da es hier nicht nur um die Proteste der Landwirte geht, sondern auch ganzheitlich ein Veto des Mittelstandes gezeigt werden sollte. Ziel war es nicht, den Autofahrern vor den Kopf zu stoßen, in dem einfach zu ist. Unser Protest war ein geschlossener Betrieb, denn auch wir sind nicht einverstanden mit den Belastungen, die das Handwerk und der Mittelstand in den letzten Jahren immer mehr zu tragen hat. Und in einer Demokratie hat jeder das Recht, seine Meinung dazu friedlich und frei zu äußern. Auch die Kreishandwerkerschaft Leipzig als Dachorganisation der Handwerksinnungen in Leipzig, hat alle Betriebe aufgerufen, sich zu solidarisieren. Und das haben wir gemacht und natürlich nach außen über unsere sozialen Kanäle bei Facebook und Instagram getan.“

Gab es Reaktionen auf Ihre eintägige Betriebsschließung?
„Natürlich! Es war eine Gratwanderung, das so öffentlich zu kommunizieren, denn einen Shitstorm zu erzeugen, darauf hat sicherlich niemand Lust. Aber das Feedback war durchweg positiv, wenn nicht sogar euphorisch: Über alle Kanäle hinweg haben wir Lob und Anerkennung für die Schließung bekommen. Die Reichweite unserer Beiträge war enorm, Zehntausende haben wir erreicht - hunderte Likes, geteilte Beiträge in lokalen Gruppen und privaten Profilen, viele Mails und Anrufe von Kollegen und Kunden, die meinten, „richtige Entscheidung“. Noch heute sprechen mich die Menschen beim Einkaufen oder hier auf Arbeit an und sagen, „es sollten sich noch mehr anschließen“. Und ich denke, der 8. Januar war nur der Anfang. Wir lassen das auf uns zukommen und uns auch nicht in eine politische Ecke drängen; das passiert ja recht schnell.“

Nennen Sie ein typisches Beispiel, für das Sie immens viel Zeit aufwenden und dessen Nutzen Sie in Frage stellen. Ist es die überbordende Bürokratie?
„Man kann nicht DAS eine bürokratische Problem benennen, denn der Druck auf den Mittelstand resultiert aus einer Vielzahl an politischen Entscheidungen und damit einhergehend Belastungen im administrativen Bereich.
• Elektromobilität soll die Zukunft sein, aber im Gegenzug werden die Förderungen reduziert.
• Wir führen den digitalen Krankenschein ein und die Unternehmen müssen dann selbst bei jedem Krankheitstag eine Meldung an die Krankenkasse senden und tagelang auf Antwort warten, um dann zu erfahren, ob der Krankheitszeitraum auch so vom Arzt an die Kasse gemeldet wurde. Natürlich übernimmt das auch das Steuerbüro, aber das bezahlt man wieder extra. Zusatzaufwand, der vorher mit dem gelben Schein nicht da war.
• Beispiel Corona-Ersatzleistungen wegen Ausfall von Mitarbeitern: Wir haben 33 Mitarbeiter und jeder war mal irgendwann wegen Corona krank. Den bürokratischen Aufwand, diese Quarantänezeiten auch als Unternehmen erstattet zu bekommen, das war nicht verhältnismäßig. Anträge über Anträge, nach Monaten dann mal eine Info, was man an Geld bekommt. In zwei Fällen haben wir anderthalb Jahre warten müssen, eh mal die Zahlung erfolgte.
• Bei Weiterbildungen geht es weiter: Wenn ich eine Förderung für eine Weiterbildung beantrage, muss ich mich vorher schon fragen, ob sich der Aufwand für den Antrag lohnt, den wir da reininvestieren, um dann 50 Prozent erstattet zu bekommen. 


Hinzukommen die branchenspezifischen Herausforderungen im Unfallgeschäft, wenn es um administrative Aufwände im Bearbeiten der unzähligen Versicherungsportale/ -abläufe geht – von den Kürzungen mal ganz abgesehen, die immer wieder im Nachgang Aufwand erzeugen, um am Ende nach 3 bis 4 Monaten doch seine Rechnung mal komplett ausgeglichen zu bekommen.“