Unfallflucht soll Straftat bleiben
Der Verkehrsgerichtstag in Goslar beschäftigt sich jedes Jahr mit strittigen Rechtsfragen rund um den Straßenverkehr. Diesmal ging es unter anderem um das unerlaubte Entfernen vom Unfallort.
Keine Bagatellisierung von Unfallflucht, Auto-Entzug nach wiederholter Alkoholfahrt und Strafen für Punktehandel – das sind die wichtigsten Empfehlungen des 62. Verkehrsgerichtstags in Goslar. Die Einschätzung der Experten ist für den Gesetzgeber nicht bindend, in vielen Fällen folgt er ihnen aber.
Geht es nach dem Verkehrsgerichtstag, soll Unfallflucht nicht wie in der Politik diskutiert zur Ordnungswidrigkeit herabgestuft werden. „Der Arbeitskreis ist mit großer Mehrheit der Ansicht, dass auch nach Unfällen mit Sachschäden das unerlaubte Entfernen vom Unfallort weiterhin strafbar bleiben soll“, heißt es in der Empfehlung. Allerdings schlagen die Experten vor, dass die Vorschriften zum § 142 StGB reformiert werden, da ihre Komplexität Verkehrsteilnehmer und Geschädigte vielfach überfordere. Darüberhinaus wird die Einrichtung einer zentralen und neutralen Meldestelle empfohlen, bei der Unfallverursacher ihre Personalien hinterlegen können. Bislang müssen sie vor Ort auf die Polizei oder den Geschädigten warten. Zudem sollen den Empfehlungen zufolge Unfallflüchtige bei reinen Sachschäden glimpflicher davonkommen als bislang. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis sollte dann nur angeordnet werden, wenn Gerichte dies im Einzelfall für angemessen halten.
In der Frage, wie wiederholte Trunkenheitsfahrten geahndet werden, spricht sich der Verkehrsgerichtstag für eine Verschärfung aus und empfiehlt, dass künftig das Fahrzeug eingezogen werden kann, auch wenn es sich nicht im Eigentum des Täters befindet. Die Einziehung soll dabei nicht nur auf Vorsatztaten beschränkt sein und nicht an konkreten Grenzwerten festgemacht werden. Voraussetzung ist aber, dass der Täter in den letzten fünf Jahren vor der Tat schon einmal wegen einer Trunkenheitsfahrt rechtskräftig verurteilt worden ist.
Diskutiert wurde auch das Phänomen des Punktehandels. Dabei übernehmen private oder gewerblich vermittelte Autofahrer gegen Bezahlung die Punktestrafe eines Verkehrssünders. Zumindest so lange, wie es nur um eine Ordnungswidrigkeit, nicht um eine Straftat geht. Solche Verschleierungsverhandlungen gefährden nach Ansicht der Experten die Sicherheit des Straßenverkehrs und beeinträchtigen die staatliche Rechtspflege. Sie empfehlen die Schaffung effektiver Sanktionsvorschriften, die auch die Verhängung von Fahrverboten gegen die tatsächlichen Fahrzeugführer und die Eintragung im Fahreignungsregister ermöglichen. Gewerbliche Internetangebote zur Punkteübernahme sollen unterbunden werden.
Darüber hinaus sprechen sich die Experten für einheitliche Passagierrechte im multimodalen Reisen aus – also der Nutzung unterschiedlicher Verkehrsmittel für einzelne Etappen. Bislang gibt es für jede Beförderungsform eigene Regeln. Der zuständige Arbeitskreis spricht sich mit Zweidrittelmehrheit dafür aus, dass Entschädigungen gewährt werden sollten, wenn der Passagier aufgrund eines verpassten Anschlusses die Reise abbricht. Eine knappe Mehrheit fand zudem der Vorschlag, Entschädigungen auch für den Fall vorzusehen, dass der Passagier seine Reise fortsetzt und eine erhebliche Ankunftsverspätung am Endziel erleidet. Die Höhe der Entschädigung sollte sich am Ticketpreis orientieren. Nahezu einstimmig empfehlen die Experten, auch bei multimodalen Reisen einen Haftungsausschluss bei Vorliegen unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände vorzusehen.